Schaffendes und raffendes Kapital – Der moderne Antisemitismus in der NS-Ideologie

Wochenseminar mit den Johannes Bruns und Michael Heidemann

Der Nationalsozialismus verstand sich selbst als eine revolutionäre Bewegung, der den Klassengegensatz von Kapital und Arbeit zugunsten der sogenannten Volksgemeinschaft aus der Welt schaffen wollte. Er kopierte in Form und Sprache durchaus Elemente der sozialistischen Arbeiterbewegung. Allerdings ist das nationalsozialistische Verständnis von Arbeit bestimmt durch den falschen Gegensatz von gutem ‚schaffenden‘ und bösem ‚raffenden Kapital‘. Als ‚schaffendes‘ Kapital galt den NS-Ideologen das ‚konkrete‘, ‚deutsche‘ Industriekapital, das mit ‚ehrlicher‘ Arbeit assoziiert wurde, während als ‚raffendes Kapital‘ die ‚abstrakte‘, vermeintlich unproduktive Finanzsphäre, die Banken und Börse, angegriffen wurde. Der Vernichtungsantisemitismus des Nationalsozialismus identifizierte das ‚raffende Kapital‘ mit dem Judentum, dessen zersetzender Einfluss die vermeintliche Harmonie der Volksgemeinschaft bewusst verhindere.

Im fünftägigen Seminar wollen wir den falschen Arbeitsbegriff des Nationalsozialismus, der auf die Vernichtung vermeintlich unproduktiven Lebens zielt, eingehend untersuchen und Erklärungen dafür finden, weshalb beinahe eine ganze Gesellschaft diesem kollektiven Wahn zu folgen bereit war. Die materiellen Interessen der Arbeiterschaft wurden damit nämlich nicht bedient, Gewerkschaften wurden gezielt zerschlagen. Und dennoch hatte die Arbeitsideologie des NS eine Massenbasis.

Neben einer historischen Einführung wollen wir in gemeinsamer Lektüre Auszüge aus NS-Propagandaschriften kritisch einordnen und weiteres Propagandamaterial wie Plakate, Karikaturen und Filmausschnitte diskutieren. Auch soll es darum gehen, Bezüge zu aktuelleren Varianten falscher Kapitalismuskritik (etwa in der „Heuschrecken“-Debatte Anfang der 2000er Jahre, im Zuge der Finanzkrise 2008/09 oder der Kritik der „Digitalkonzerne“) herzustellen. Denn: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“ (Bertolt Brecht).

Das Wochenseminar wird als Bildungszeit/Bildungsurlaub angeboten. Für Unterkunft und Verpflegung wird ein Kostenbeitrag erhoben.

Anmeldung unter: https://www.aulbremen.de/seminar/nummer:606

Bei dem Wochenseminar handelt es sich um eine Kooperation zwischen der Gesellschaft für kritische Bildung (GfkB) und Arbeit und Leben Bremen e.V.

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Veranstaltungen
Bildungs- und Freizeitstätte der Wirtschafts- und Sozialakademie der Arbeitnehmerkammer Bremen, Zum Rosenteich 26, 26160 Bad Zwischenahn Map